Wenn die Eingewöhnung nicht klappt

Montagmorgen. Eine zarte Brise kühle Luft weht durchs offene Fenster rein und streicht mir sanft durchs Haar. Es ist still in unserem Haus. Zu still. Papa Toni übernimmt seit dieser Woche die Eingewöhnung und begleitet den Glückskeks bei einem großen Entwicklungsschritt. Ich hingegen sitze hier, am Küchentisch, tippe ein paar Zeilen und starre immer wieder aus dem Fenster. "Was lief falsch? Hätte ich etwas anders machen sollen? Lag es an mir? Wieso...?" Unzählig viele Fragen schwirren mir durch den Kopf und sorgen dafür, dass so manche Träne ihren Weg nach unten sucht. Auch wenn ich es ungern zugebe, bin ich sehr verletzt, dass die Kindergarteneingewöhnung mit mir als Bezugsperson nicht geklappt hat. Ich fühle mich wie ein Versager und bin kopftechnisch ferner denn je. Wenn die Eingewöhnung nicht klappt...

 

Eingewöhnung in die Kita

 

Es braucht Zeit, um gemeinsame Erfahrungen machen zu können. Zeit, sich an eine neue Situation zu gewöhnen und loslassen zu lernen.

Den Start in die Eingewöhnung vor vier Wochen übernahm ich als Hauptbindungsperson. Die ersten Tage nahmen wir die bis dato ungewohnte Umgebung wahr, probierten uns gemeinsam aus und fingen an Kontakt zu den anderen Kindern aufzubauen. Der Glückskeks saß dabei stets auf meinem Schoss und ließ sich nur langsam auf das Spiel der Eingewöhnungserzieherin ein.

Zum Ende der dritten Eingewöhnungswoche haben wir schließlich entschieden, dass es besser wäre, wenn wir die Bindungsperson wechseln. Künftig übernimmt daher Papa Toni die Kindergarteneingewöhnung.

Jedes Kind ist anders und bringt eigene Bindungserfahrungen mit.

 

Wenn die Eingewöhnung nicht klappt

 

Nicht nur für den Glückskeks bedeutet die Eingewöhnung in den Kindergarten ein Wandel seiner Lebensumstände. Auch für uns als betroffene Elternteile geht mit der Eingewöhnung eine Umstellung einher. Wir müssen unser Kind zur Betreuung in fremde Hände übergeben, was vor allem bei mir Schuldgefühle auslöst. Auch hat die Eingewöhnung in mir viele Ängste entwickelt. Ich habe Angst die Bindung zu meinem Kleinen zu schwächen oder gar zu verlieren.

Glücklicherweise haben wir sehr empathische Erzieher, die uns in allen Bereichen vollstens unterstützen und begleiten. Wir haben vorab viel über meine Erkrankung gesprochen, meine Ängste und das ganze drumherum. Die Eingewöhnungserzieherin hat entsprechend reagiert und alle beeinflussenden Faktoren berücksichtigt. Ich habe vor Ort stets eine warme Atmosphäre wahrgenommen, trotz meiner Ängste vor genau solchen Situationen. Die Erzieherin hatte immer ein offenes Ohr, gab mir Sicherheit und Rückhalt, was ich wiederum dem Glückskeks widerspiegeln konnte - daran lag es also nicht.

Vielmehr vermuten wir, dass die Bindung zwischen dem Glückskeks und mir zu stark ist und großen Trennungsschmerz mit sich bringt. Papa Toni ist aufgrund seiner Arbeit täglich mehrere Stunden von unserem Sohn getrennt, die beiden kennen es nicht anders. Ich hingegen bin 24/7 mit dem Glückskeks zusammen und war noch nie länger als 2 Stunden am Stück von ihm getrennt.

 

Welche Möglichkeiten hat man also, wenn die Kindergarteneingewöhnung nicht voranschreitet und das Kind großen Trennungsschmerz zeigt?

 

  • Was ich zuerst lernen musste, nachdem wir entschieden haben, dass künftig der Papa die Eingewöhnung übernimmt, ist, dass ich nicht Schuld daran bin. Im Gegenteil. Die starke Bindung zu meinem Sohn ist vielmehr ein positives Zeichen und zeigt, dass ich als Mama alles richtig gemacht habe.
  • Das der Aufbau einer Beziehung zu anderen Personen Zeit erfordert, bedarf keine weiteren Worte. Geduld hat hier oberste Priorität. Es nützt dem Nachwuchs nichts, wenn wir sofort verzweifeln, wenn die Eingewöhnung nicht auf Anhieb klappt.
    Daher ist es auch ganz wichtig, dass wir uns ausreichend Zeit für die Eingewöhnung nehmen. Nichts ist schlimmer, als spürbarer Zeitdruck. Natürlich ist mir bewusst, dass man nicht immer Zeit hat, vor allem dann nicht, wenn die Elternzeit endet und man wieder in den Berufsalltag zurückmuss. Diesen Druck merken unsere Kinder jedoch.
  • Um die Eingewöhnung zu unterstützen, haben wir unsere täglichen Abläufe zu Hause etwas verändert und an den Kindergartenalltag angepasst. Quasi neue Routinen entwickelt.
  • Ein Lieblingskuscheltier kann ebenfalls hilfreich bei der Eingewöhnung sein. Wir haben beispielsweise einen Otter, der im Rahmen der Eingewöhnung mit in den Kindergarten und die Spielräume darf. Tatsächlich gab es zwischendurch auch Tage, an denen der Glückskeks das unterstützende Übergangsobjekt nicht gebraucht hat.

Ganz egal, wie die Eingewöhnung vonstattengeht, ob schnell oder wie in unserem Fall mit ganz viel Zeit und Geduld - wir sollten niemanden dafür verurteilen und uns schon gar nicht miteinander vergleichen. Jedes Kind entwickelt sich anders und bringt eine andere Bindungserfahrung mit sich.

Natürlich mache ich mich mit meiner Offenheit hier sehr verletzbar, jedoch finde ich es wichtig, dass wir unsere Ängste laut aussprechen und in den Worten und Erfahrungen anderer Mut und Trost sammeln. Denn ja, eine Kindergarteneingewöhnung ist der erste Schritt zum Loslassen und das muss man eben auch alles erst lernen.

with love,
Janine
share on