Wenn fremde Menschen über dein Kind urteilen – und warum das so wehtut

"Mit 27 Monaten hat er immer noch einen Schnuller? Kein Wunder, dass er so unerzogen ist." Dieser Satz traf mich wie ein Schlag ins Gesicht. Er kam nicht von einer Ärztin, nicht von einer Erzieherin, sondern vor einer älteren Dame aus dem Dorf, die meinen Sohn kaum kennt.

Mein kleiner Glückskeks, 27 Monate jung, braucht seinen Schnuller - oder wie er ihn nennt, seinen "Nulli" - ab und zu. Besonders in Momenten, in denen er müde ist, sich unsicher fühlt oder einfach Nähe braucht. Für ihn ist der Schnuller ein Stück Geborgenheit, ein Trostspender. Und ja, er spricht mit ihm, kuschelt mit ihm, beruhigt sich damit. Für ihn ist der Nulli mehr als nur ein Beruhigungsmittel - er ist ein kleiner Freund.

 

Jedes Kind entwickelt sich anders

 

Was viele oft vergessen: Kinder sind keine Maschinen. Sie entwickeln sich nicht nach Plan, nicht nach Tabellen und auch nicht nach dem, was früher "normal" war. Mein Glückskeks ist ein fröhlicher, neugieriger, empathischer kleiner Mensch. Dass er seinen Schnuller noch braucht, ist kein Zeichen von Schwäche oder Verwöhnung, sondern Ausdruck seiner ganz persönlichen Entwicklung.

Solche Urteile von außen - insbesondere von Menschen, die weder unsere Geschichte noch unseren Alltag kennen - treffen mitten ins Herz. Nicht, weil ich an meinen Entscheidungen zweifle, sondern weil sie so wenig Verständnis zeigen. Weil sie meinem Kind ein Label aufdrücken, das ihm nicht zusteht: unerzogen.

 

Bedürfnisorientierte Erziehung ist kein Freifahrtschein

 

Ich erziehe mein Kind bedürfnisorientiert - das heißt nicht, dass er alles darf. Es heißt, dass ich ihn sehe. Mit all seinen Gefühlen, Bedürfnissen und Herausforderungen. Es heißt, dass ich versuche, seine Welt zu verstehen, statt sie zu kontrollieren. Dass ich ihn begleite, statt ihn zu formen.

Ein Kind ist nicht unerzogen, weil es weint, weil es seinen Schnuller noch liebt oder weil es sich im Supermarkt auf den Boden wirft. Es ist ein Mensch mit Gefühlen. Und auch wenn es für Außenstehende oft einfacher wäre, ein Kind "still" oder "funktionierend" zu sehen - das ist nicht mein Ziel. Ich will einen starken, feinfühligen und selbstbewussten Menschen großziehen.

 

Mehr Verständnis, weniger Urteil

 

Ich wünsche mir eine Welt, in der wir Eltern einander nicht verurteilen, sondern unterstützen. In der wir hinterfragen, bevor wir bewerten. Und in der wir verstehen: Was für ein Kind "richtig" ist, kann für ein anderes vollkommen falsch sein.

Also ja - mein Sohn hat mit 27 Monaten noch seinen Schnuller. Und nein - er ist nicht unerzogen. Er ist genau richtig, so wie er ist.

with love,
Janine
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4 comments

  • amberlight says:

    Manchmal hilft es, wenn man - gerade bei älteren Menschen - ins Gespräch kommt. Solche Kommentare bekommt wohl jeder und wenn man darüber spricht, ärgert man sich hinterher nicht über sich selbst, dass man nichts entgegnet hat und manchmal öffnet man damit auch Verständnistüren zwischen den Generationen. Bei uns war es eher lange tragen und stillen - den Schnuller gab es bei Tochter relativ schnell tatsächlich nur im Bett (da konnte niemand zum Kommentieren vorbeikommen). Ob wir das für das bessere Sprechen und die Zahnstellung forciert haben, weiß ich nicht mehr. Bei den beiden Jungs hätte ich mir sehr gewünscht, wenn sie den Schnuller akzeptiert hätte - beide waren aber nur am Original interessiert und haben alle Ersatzprodukte entrüstet ausgespuckt ....

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    • Janine says:

      Ist in diesem Fall nicht machbar, da die Dame ununterbrochen gegen uns hetzt. Wir haben vor sie jetzt die Tage, sobald wir sie sehen, darauf anzusprechen und zu bitten solche Aussagen zu unterlassen. Es ist inzwischen nur noch Hetze, dafür habe ich keinerlei Verständnis. Mag es an der Generation liegen, etc, aber das hat nichts mehr mit Verständnis/ Generation etc zutun, sondern ist einfach frech und unangenehm. In meinem Beitrag habe ich die Situation auch gar nicht wiedergegeben, wie es schließlich war, was auch strenggenommen nicht relevant ist. Fakt ist: die heutige Generation ist anders, die Erziehung anders, die Bedürfnisse anders, da muss auch die Oma von nebenan mit klar kommen ;)

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  • amberlight says:

    Gefunden - der blog machts möglich, denn ich hatte es selbst schon fast vergessen. Der Osterhase hat ihn bei uns im Urlaub einem Neugeborenen gegeben: https://www.amberlight-label.de/durchschlafsack-gr-92-98-fische/ Da war kurz nach ihrem zweiten Geburtstag. Mit den Geschwistern wollte ich damals gerne zum Schnullerbaum .... schade, dass ich das nie machen konnte ....

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    • Janine says:

      Der Glückskeks darf seinen, sobald er ihn nicht mehr möchte, an den Schnullerbaum in unserem Tierpark hängen :) Finde die Möglichkeit super und glaube das wird es ihm später auch etwas erleichtern. Aber aktuell ist es vollkommen in Ordnung, wenn er ihn auch noch die nächsten Monate benutzt, irgendwann kommt der Tag, da ist er "fertig" damit hihi :D

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