Mit etwa zwei Jahren beginnt für viele Kleinkinder die sogenannte Autonomiephase – auch bekannt als Trotzphase oder "Ich selbst!"-Phase. Plötzlich will dein Kind die Jacke alleine anziehen, selbst die Banane schälen oder den Weg bestimmen. Und während du es eilig hast, steht dein kleiner Mensch mit hochrotem Kopf da und ruft: „Selber machen!“. So anstrengend diese Phase im Alltag sein kann – sie ist ein enorm wichtiger Schritt in der Entwicklung deines Kindes. Es entdeckt sein Ich-Bewusstsein, übt Selbstständigkeit und entwickelt Urvertrauen in die eigenen Fähigkeiten.
Was bedeutet Autonomie mit 2 Jahren?
Autonomie mit 2 Jahren ist keine Trotzreaktion gegen dich – sondern ein Zeichen innerer Reifung. Dein Kind:
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erkennt, dass es eine eigenständige Person ist,
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möchte Entscheidungen treffen,
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will die Welt mit eigenen Händen begreifen.
Dabei stößt es natürlich immer wieder an seine Grenzen – und auch an deine. Genau das ist der Balanceakt: zwischen Begleiten und Zutrauen, zwischen Freiheit geben und Sicherheit bieten.
"Ich will das alleine machen!" - Und ich atme tief durch
Es gibt Tage, da flutscht alles. Und es gibt die anderen. Wenn dein Kind 10 Minuten lang versucht, den Reißverschluss zu schließen – und du innerlich auf die Uhr starrst. Oder wenn es sich schreiend auf den Boden wirft, weil du den falschen Becher gewählt hast.
In diesen Momenten hilft mir ein Mantra:
-> Es geht nicht um mich. Es geht um ihr Bedürfnis nach Selbstwirksamkeit.
Statt laut zu werden, versuche ich, innerlich einen Schritt zurückzutreten. Tief durchatmen. Nachfragen: „Möchtest du es nochmal selbst probieren oder brauchst du Hilfe?“ Oft hilft dem Glückskeks allein die Wahlmöglichkeit.
Unsere Strategien im Alltag
Hier sind ein paar Dinge, die bei uns helfen, den Alltag mit einem autonomen Zweijährigen entspannter zu gestalten:
1. Mehr Zeit einplanen
Ja, das ist der Klassiker – aber es wirkt Wunder. Wenn wir morgens 15 Minuten extra einplanen, ist Raum für „Ich mach das!“ ohne Stress.
2. Sichere Freiräume schaffen
Ich stelle Dinge bewusst so hin, dass sie selbst erreichbar sind: Hocker am Waschbecken, Klamotten in Greifhöhe, ein eigener Tellerbereich am Küchenschrank.
3. Wahlmöglichkeiten bieten
Zwei Pullover zur Auswahl („Den roten oder den mit dem Tier?“) geben ein Gefühl von Kontrolle – ohne dass alles offen ist.
4. Fehler zulassen
Wenn er Socken falsch herum anzieht – so what? Er lernt dadurch. Es muss nicht perfekt sein. Es muss sein Weg sein.
5. Humor hilft
Manchmal hilft einfach ein Schmunzeln. Oder ein: „Wow, das war jetzt eine wilde Entscheidung! Aber hey, kreativ!“
Was mein Kind mir in dieser Phase zeigt
Diese Phase ist nicht nur für Kinder ein Entwicklungsschritt – sie ist auch für uns Eltern eine Einladung:
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Loslassen zu lernen.
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Vertrauen zu üben.
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Geduld zu trainieren (manchmal stündlich).
Mein Kind zeigt mir, wie wichtig kleine Dinge sein können. Wie stolz es ist, wenn es selbst geschafft hat. Und wie tief der Wunsch ist, die Welt eigenständig zu erobern.
Was tun, wenn`s richtig kracht?
Auch mit den besten Strategien bleibt die Autonomiephase manchmal turbulent. Wenn es eskaliert:
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Ruhig bleiben (nicht leicht – aber hilfreich).
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Körperlich präsent bleiben (auch wenn das Kind tobt).
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Später nachbesprechen – altersgerecht: „Du warst wütend, weil…“
Du kannst als sicherer Hafen da sein – auch wenn dein Kind gerade auf Sturmfahrt ist.
Fazit: Loslassen lernen - in kleinen Schritten
Die Autonomiephase mit 2 Jahren ist eine Herausforderung. Sie ist manchmal nervenaufreibend, oft chaotisch – aber immer auch eine große Chance: Dein Kind zeigt dir, dass es wachsen will. Dass es Verantwortung übernimmt. Dass es dich braucht – aber anders als vorher.
Und wenn ich manchmal frustriert auf den Boden schaue, weil der Reißverschluss immer noch nicht zu ist – dann hebe ich den Blick. Schaue in diese kleinen, entschlossenen Augen. Und denke:
Wow. Du wirst deinen Weg gehen. Und ich darf dabei sein.