Tabuthema Fehlgeburt: "Ach, so schlimm ist eine Fehlgeburt doch gar nicht.."

"Ach, aber so schlimm ist eine Fehlgeburt doch gar nicht. Viel schlimmer finde ich es, wenn man das Kind tot auf die Welt bringen muss." Es sind Worte die meinem Herzen schmerzen und wieder einmal zeigen, welchen Unterschied die Gesellschaft beim Thema Tod macht. Erschreckend und traurig zugleich, denn in beiden Fällen schwindet ein neues Leben, eine gemeinsame Zukunft und so viel Vorfreude im Herzen. Tabuthema Fehlgeburt.

 

Ich wusste, dass mein Kind tot ist

 

November 2019.

Ich lag im Bett und streichelte liebevoll über meinen noch kleinen Babybauch. Ein Wunder unter meinem Herzen - ein langersehnter Wunsch schien endlich wahr zu werden. Doch schon wenige Sekunden später nahm ich einen seltsamen Schmerz im Unterleib wahr.

Es fühlte sich auf einmal so still in mir an.

In jenem Moment war mir bewusst, dass mein Kind tot ist.

Vorsichtig tastete ich meinen Bauch und mein Unterleib ab.

Blut.

Unmengen an Blut.

Wie in Trance sprang ich aus dem Bett und rannte ins Badezimmer. Lautstark weinte ich, schrie und schlug mehrmals mit der Faust gegen die Fliesen. Immer wieder schrie ich, während eine Träne nach der anderen ihren Weg suchte.

Wenige Stunden später wurde ich im Krankenhaus notoperiert. Mein Baby war tot und mit ihm meine Hoffnung und Vorfreude auf ein Leben mit Kind.

 

Tabuthema Fehlgeburt: "Ach, so schlimm ist eine Fehlgeburt doch gar nicht.."

 

Der Verlust meines Kindes ist inzwischen ein paar Jahre her und dennoch schmerzt jeder Gedanke daran. In den vergangenen Jahren musste ich diese grausame Erfahrung noch zwei weitere Male durchleben.

Mit jeder Fehlgeburt schwand das Lächeln in meinem Herzen. Ich nahm am Leben teil doch war irgendwie nicht präsent. Innerlich war ich ferner denn je.

Inzwischen bin ich Mama eines wundervollen kleinen jungen Mannes, der mein Herz nach all den tristen Jahren mit so viel Freude und Liebe erfüllt, dass es platzen könnte. Ich lache und spüre wieder Lebensfreude in mir. Man könnte sagen er hat mich aus dem Tal der Tränen geholt und kam genau zur richtigen Zeit.

Doch wer jetzt glaubt, dass mit der Geburt meines Kindes die schmerzhaften Verluste vergangener Tage einfach so Geschichte wären, liegt falsch. Denn erst jetzt wird mir bewusst, was ich mit den Fehlgeburten verloren habe. Vielleicht oder gerade deswegen schätze und genieße ich jeden noch so kleinen Moment mit meinem Glückskeks.

Und obwohl ich gerade wieder lache, mit meinem Wunder fröhlich über den Spielplatz renne und mit ganz viel Begeisterung in Pfützen springe, habe ich nicht vergessen, dass vor ihm fünf wundervolle kleine Hoffnungen in mein Leben getreten sind. Ich habe die Fehlgeburten noch lange nicht verarbeitet und das ist auch vollkommen okay.

Trauer braucht seine Zeit.

Wir sollten Menschen für die Dauer ihrer Trauer nicht verurteilen und schon gar nicht einen Unterschied beim Thema Tod machen. Denn egal zu welchem Zeitpunkt jemand stirbt, der Verlust und die damit verbundene Trauer ist die gleiche. Auch sollten wir anfangen Tabus zu brechen und offen und ehrlich über unsere Ängste, Trauer und Gedanken zu reden. Denn nur so können wir mit Verlusten jeglicher Art umgehen lernen, um irgendwann wieder mit einem Lächeln auf den Lippen und im Herzen unser Leben zu leben.

Janine

with love,
Janine
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5 comments

  • Alexandra Frau Kremhoff says:

    Ich finde es furchtbar wenn ich nur daran denke. Aus diesem Tal der Trauer und Hoffnungslosigkeit raus kommen, stelle ich mir sehr schlimm an

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  • ManuelaBe says:

    Ich hatte eine Fehlgeburt und trauere dem Kind immer noch nach. Danach wurde ich Mutter einer wunderbaren Tochter die es nicht geben würde wenn ich keine Fehlgeburt gehabt hätte. Ein Zwiespalt der immer noch weh tut. Keine Fehlrgeburt ist einfach, man verliert etwas das man leider nie kennen gelernt hat, bekommt aber dafür vielleicht etwas was man sonst nie erhalten hätte.

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    • Janine says:

      Das hast du wirklich sehr schön gesagt! Danke für deine Worte!

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  • Mesalunita says:

    Oh je, wenn ich das so lese, stelle ich mir vor, wie angstbehaftet deine Schwangerschaft gewesen sein muss. Vermutlich verbunden mit ganz, ganz vielen Kontrollterminen. Sehr schade, denn eine Schwangerschaft, sollte ja eigentlich mit Vorfreude und Liebe und einem Strahlen verbunden sein...
    Aber wenigstens hat sich dieser Kampf schlussendlich ja doch gelohnt!

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    • Janine says:

      Ja, du sagst es. Ich hatte wohl mehr Termine bei Ärzten, als irgendwas anderes, aber ich war für jeden Kontrolltermin dankbar und habe sie mit einem Lächeln auf den Lippen gemeistert. Nochmal würde ich aber so eine Schwangerschaft nicht durchleben wollen.

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