Liebe Kinderwunsch-Mami: "Gestern war ich noch wie du"

Lächelnd streckst du mir deine Arme entgegen und wartest sehnsüchtig darauf, dass ich dich aus dem Autokindersitz nehme. Mit einem liebevollen "gleich mein Schatz" auf den Lippen öffne ich den Gurt, küsse sanft deine kleinen Fingerchen und schließe dich anschließend in meine Arme. Du strahlst über beide Ohren, kuschelst dich an mich und zeigst auf ein vorbeifahrendes Auto. Momente wie diese erfüllen mein Herz. Sie lassen mich das Chaos um mich herum vergessen und einfach Teil von deiner ganz besonderen kleinen Welt sein. Doch das war nicht immer so, denn "Gestern war ich noch wie du" - unerfüllter Kinderwunsch!

 

Liebe Kinderwunsch-Mami,

ich fühle mit dir!

Ich verstehe deinen Kummer und fühle deinen Schmerz. Die Verzweiflung, die dich Tag wie Nacht begleitet, lässt sich nur schwer in Worte fassen. Trägst du im Herzen noch so viel Hoffnung, schwindet diese nach jedem verloren gegangenen Zyklus mehr und mehr dahin. Niemand kann dir deine Sorgen nehmen, nur die wenigsten dich wirklich verstehen. Von klugen Ratschlägen und ach so wertvollen Tipps hast du gewiss inzwischen die Schnauze gestrichen voll - ich verstehe dich. Dennoch möchte ich dir auch etwas Wertvolles mitgeben: lass die Hoffnung niemals ziehen! Bewahre dir immer einen Funken im Herzen auf und sei er noch so klein, dein Wunder wird kommen. Dann, wenn es der richtige Zeitpunkt für euch ist.

Gestern war ich noch wie du, ich sehnte mich nach einem Wunder in meinen Armen. Danach, endlich meinem Minimensch die Welt zu zeigen. Wie gerne wäre ich mit meinem Kind auf den Spielplatz, um unzählige Sandkuchen zu backen, die im nächsten Moment mit einem schelmischen Grinsen wieder zerstört worden wären. Gemeinsam schaukeln, rutschen, kleine Krabbeltierchen beobachten...

Doch dazu kam es nie.

Mit der fünften Fehlgeburt in Folge veränderte sich in mir etwas. Ich spürte, wie ich langsam akzeptierte, dass in diesem Leben kein Kind für mich vorgesehen war. Es war okay, wenn auch unglaublich schmerzhaft.

Das Thema Kinderwunsch war abgehakt. Ich wollte es kein weiteres Mal versuchen, nicht nochmal diesen Schmerz durchleben.

Immer wieder musste ich in den vergangenen Jahren Worte wie "..es war doch eh noch nichts Richtiges..." , oder "...bei dem Gewicht brauchen Sie sich nicht wundern, das alle Kinder sterben.." ertragen. Ich musste meine Kinder tot gebären, sie in meinen blutverschmierten Händen halten und beerdigen. Am schlimmsten war in diesen Sekunden nicht der Verlust in meinem Herzen, sondern das allein sein. Außer meinem Partner war niemand da, der mich in den Arm nahm, meine Tränen trocknete oder ein "Es tut mir leid" aussprach. Stattdessen wurde ich mit meinem Schmerz allein gelassen, selbst dann, als zwei unserer Wunder in einem Sternenkindergrab offiziell beigesetzt wurden. Ich nehme es meiner Familie und meinen engsten Vertrauten auch heute noch sehr übel, dass sie nicht da waren. Dass sie mich in dieser Situation einfach im Stich gelassen haben. Keine Entschuldigung der Welt kann das je wiedergutmachen.

 

Liebe Kinderwunsch-Mami,

du bist nicht allein!

Bitte bewahre dir einen Funken Hoffnung, auch wenn der Wunsch nach einem Kind so fern scheint.

Mein größtes Glück ist inzwischen 15 Monate alt. Mehr als ein Jahr Glückskeks-Liebe. Und das, obwohl ich keine Kinder bekommen kann (laut Ärzten).

Ich drücke dich,

Janine